Ein Thema, das viele Eltern an den Rand der Verzweiflung treibt. Wenn die Kinder streiten, und das gefühlt rund um die Uhr.
Überall wo Menschen zusammenkommen und länger miteinander zu tun haben, gibt es auch Konflikte. Ich habe mal den witzigen Vergleich gelesen, dass ein Konflikt quasi der normale Schnupfen menschlicher Interaktion ist. Wir mögen ihn nicht, wir können ihn nicht kurieren und wir müssen ihn einfach akzeptieren.
Also, Konflikte gehören zum Miteinander einfach dazu!
Soweit, so gut. Trotzdem kostet es extrem viele Nerven, wenn die eigenen Kinder streiten.
Ich möchte dir heute 3 Tipps bei Geschwisterstreit mit an die Hand geben.
Aber zuerst einmal ein paar beruhigende Fakten:
Für uns Eltern stellt sich oft die Frage, ob man einschreiten soll, wenn sich die Kinder streiten und wenn, wie. Dazu möchte ich als erstes sagen: Was für Kinder noch als ganz normal empfunden wird, ist für uns Erwachsene oft schon sehr nervenaufreibend. Kinder reagieren schnell und handeln spontan und lösungsorientiert. Sie kommen sehr schnell von einer Emotion in die andere und deshalb fällt ihnen Streiten und schnelles Versöhnen leicht. Also Kinder streiten oft sehr laut und heftig, und verstehen sich in der nächsten Minute wieder blendend.
Wir dürfen es nicht immer aus Erwachsenensicht sehen, wenn die Kinder streiten, weil es für uns viel heftiger aussieht, als es für die Kinder eigentlich ist.
Kinder sind prinzipiell übrigens sehr gut in der Lage, ihre Streitereien selbst auszutragen. Dazu braucht es natürlich auch Übung und da ist es wenig hilfreich, wenn man immer gleich einschreitet und Schiedsrichter spielt. Wenn Gefahr droht überlässt man die Kinder natürlich nicht sich selbst, aber generell schreiten Eltern meist zu schnell ein und so nimmt man den Kindern die Möglichkeit, selbst Lösungen für ihre Konflikte zu finden. (Übrigens schließe ich mich da selbst nicht aus! Auch ich muss mich immer wieder bei der Nase nehmen und mich zurückhalten 😉 )
Für Kinder ist es sehr wertvoll, Geschwister zu haben. Mit ihren Geschwistern können sie sich im sozialen Verhalten und im Umgang mit ihren Emotionen üben. Es ist ein Abwechseln von Kämpfen, Nachgeben Durchsetzen, und sich wieder versöhnen. Kinder üben Rücksicht zu nehmen, machen die Erfahrung des Verzichtens und kommen auch nicht darum herum, gemeinsame Lösungen zu finden. All das sind soziale Kompetenzen die Geschwisterkinder immer und immer wieder, ganz nebenbei wie von selbst lernen.
Also so gesehen – sei dankbar, dass deine Kinder sich gegenseitig haben und aneinander üben können 😉 Die Familie ist der Ort, wo man so sein kann wie man ist. Die Eltern und die Geschwister sind und bleiben immer da, egal wie man sich verhält oder wie sehr man gestritten hat. Das spüren auch kleine Kinder schon. Bei fremden Kindern bzw Freunden hält man sich in bestimmten Situationen vielleicht zurück, in denen es bei Geschwistern keine Hemmschwelle gibt.
Dies zu deiner Beruhigung 😉 Kommen wir nun aber zu meinen
3 Tipps bei Geschwisterstreit
1. Gefühle ausdrücken dürfen
Deine Tochter kommt bei dir an und beschwert sich ganz aufgebracht über ihren Bruder. Mitunter sogar unter Tränen regt sie sich über ihn auf, „Mama! Tim hat mich schon wieder an den Haaren gezogen. Er tut mir ständig weh und du machst überhaupt nichts! Sag ihm doch mal, dass er mich in Ruhe lassen soll! Er nervt einfach nur!“
Kennst du diese oder eine ähnliche Situation? Merkst du, wie es gleich zu brodeln beginnt in dir?
Wie reagierst du normalerweise?
„Anna, klärt das unter euch, ich misch mich da nicht ein.“
„Und was hast DU getan, dass er dich an den Haaren zieht? Du hast ihn wohl auch geärgert?!“
„Ich kann es nicht mehr hören! Könnt ihr euch nicht einmal vertragen?!“
All das befriedigt deine Tochter natürlich nicht. Sie wird sich noch mehr ärgern und entweder dir noch mehr in den Ohren liegen oder zu ihrem Bruder gehen und ihren Frust an ihm ablassen.
Versuche einmal etwas anderes:
„Oh Anna, hat es weh getan? Diese Streitereien müssen ganz schon nervig sein, oder?“
„Es ist nicht immer so einfach mit einem großen Bruder, stimmt’s?“
Merkst du etwas? Mit diesen Antworten fühlt sich deine Tochter verstanden. Sie konnte ihren Gefühlen Ausdruck verleihen. Oft reicht genau das schon aus. Das ist es, was ein Kind manchmal einfach braucht. Dir zu sagen, was es denkt/fühlt und von dir einfach nur Verständnis zu bekommen. Danach ist dein Kind befriedigt und geht einfach wieder in sein Zimmer. Probiere das einige Male aus – du wirst staunen wie oft dieses Zuhören alleine ausreicht, um Ruhe einkehren zu lassen.
Es tut uns als Eltern oft weh, wenn die Kinder streiten und ein Kind über das andere schlecht spricht. Aber wir tun der Geschwisterbeziehung keinen Gefallen, wenn wir dies unterbinden. Wenn wir schlechte Gefühle zwischen den Kindern zulassen, erzeugt das im Endeffekt sogar positivere Gefühle.
Erst müssen die negativen Gefühle raus, damit die positiven Gefühle rein können. Wenn dein Kind diese negativen Gefühle rausreden konnte, ist auch wieder Platz für Positive.
2. Kindern helfen, wenn sie keine Lösung finden
Reicht das nicht aus und deine Kinder können den Streit nicht bereinigen?
Dann gehe zu ihnen und höre dir einmal beide Seiten an. Schimpf nicht gleich mit „Tim“, denn du weißt nicht, was vor dem Haare ziehen noch alles passiert ist. Wir Eltern sollten uns davor hüten, Schiedsrichter zu spielen. Wenn wir nicht dabei waren, können wir nicht nachvollziehen, was hier los ist und sind ziemlich sicher unfair einem Kind gegenüber. Das sorgt dann für Groll beim benachteiligten Kind und den bekommt wer ab? Na der Bruder/die Schwester. Später, wenn du es (wieder) nicht mitbekommst. Nächster Geschwisterstreit vorprogrammiert.
Höre dir also beide Versionen an und stelle auch sicher, dass jeder sprechen kann, ohne unterbrochen zu werden.
Konnte jeder seinen Standpunkt darlegen, frage zb deine Kinder, ob jemand einen Lösungsvorschlag hat. Frage jeden einzeln, was er sich nun wünschen würde. Schaut gemeinsam, wie man hier einen Konsens finden kann. Voraussetzung ist, dass jeder damit leben kann – Kind 1, Kind 2 UND du!
Leite sie an, selbst Fragen zu stellen „Was wäre jetzt fair?“ „Was würde mich jetzt beruhigen?“ „War ich selbst fair?“ „Tut uns Abstand jetzt gut?“ „Was könnte ich jetzt beitragen, damit wir uns wieder versöhnen?“ „Was habe ich selbst zum Streit beigetragen?“ „Worum ging es eigentlich gerade?
Alleine indem die Kinder sich mit diesen Fragen beschäftigen, beruhigen sich schon die Gemüter. Mit dieser Herangehensweise verhinderst du, dich auf eine Seite zu stellen (das passiert oft auch unbewusst). Niemand wird sich nachher beschweren, weil jeder ein Stück weit das bekommen hat, was er wollte und andererseits jeder ein bisschen nachgegeben hat. Nebenbei wird durch das gemeinsame Finden einer Lösung (evtl mit deiner Hilfe) die Beziehung der Geschwister zueinander gestärkt. Je stärker die Beziehung der Kids, desto weniger Streit wird es geben.
3. Jeder will genau das Gleiche habe wie der andere
Kennst du das Gefühl, deinen Kindern nicht gerecht zu werden? Irgendjemand fühlt sich immer benachteiligt und das führt zu Streit.
„Er bekommt schon wieder neues Gewand? Warum hast du mir nichts mitgebracht?!“
„Immer hilfst du ihr so lange bei den Hausaufgaben! Wann hast du mal Zeit für mich?!“
„Sie hat viel mehr (Kekse, größeres Stück Pizza, Saft …) bekommen als ich, das ist unfair!“
So oder so ähnlich klingt das dann. Und du stehst daneben und kommst ins Schwitzen, weil du verzweifelt versuchst, jedem exakt das gleiche zu bieten.
Weiß du, du kannst und musst gar nicht jedem Kind das Gleiche geben! Gib stattdessen jedem Kind das, was es braucht.
„Er bekommt schon wieder neues Gewand?“ –> „Ja, er ist aus seinen Sachen herausgewachsen. Bei uns bekommt immer jeder das, was er braucht. Wenn du ein neues Kleidungsstück brauchst, bekommst du es natürlich auch.“
„Immer hilfst du ihr so lange bei den Hausaufgaben!“ –> „Ich weiß, ich sitze jetzt schon lange bei deiner Schwester. Diese Hausübung ist ziemlich schwierig. Wenn ich fertig bin, werde ich etwas mit dir basteln. Hol schon mal die Sachen.“
„Sie hat ein viel größeres Stück Pizza bekommen als ich!“ –> „Oh, hast du so viel Hunger? Du bekommst natürlich noch etwas, wenn du nicht satt bist nach deinem Stück.“
Wir Eltern versuchen oft verzweifelt, jedem genau das Gleiche zu geben und merken gar nicht, dass das schlicht unmöglich ist. Jedes Kind wird sich immer benachteiligt fühlen und noch mehr fordern. Gibst du stattdessen jedem Kind das, was es braucht, nach seinen individuellen Bedürfnissen, wird jeder zufrieden sein. So unterschiedlich wie Kinder sind, so unterschiedlich sind auch ihre Bedürfnisse.
Es kommt nicht darauf an, mit jedem Kind 15 Minuten allein zu verbringen (als Beispiel), sondern es kommt darauf an, was dein Kind braucht. Wenn du einem eine Geschichte vorliest, dauert das vielleicht 10 Minuten und dein Kind ist total glücklich damit. Dein anderes Kind spielt lieber ein Brettspiel, das dauert vielleicht 20 Minuten. Dein Kind ist danach zufrieden. Sie haben nicht beide gleich viel Zeit mit dir bekommen, aber jeder hat das erhalten, was ihn glücklich macht.
Dein Sohn braucht neue Hosen und T-Shirts, deine Tochter eine neue Füllfeder. Völlig unterschiedliche Dinge, aber jeder hat genau das, was er braucht und ihn somit glücklich macht.
Kommt doch einmal ein Murren, weil ER etwas bekommen hat, was SIE selbst auch gerne hätte, begegne deinem Kind mit Verständnis, statt an seine Vernunft zu appellieren. „Ich verstehe, dass das jetzt blöd für dich ist. Wenn du etwas brauchst, bekommst du es auch.“ Das wird dein Kind eher trösten, als wenn du sagst: „Stell dich jetzt nicht so an, du brauchst XY gerade nicht, er schon.“ Das verärgert dein Kind (logischerweise) und diesen Ärger kriegt sehr wahrscheinlich später der Bruder/die Schwester ab.
Geschwisterstreit lässt uns Eltern oft verzweifeln, aber vielleicht gelingt es dir, nun anders an die Sache heranzugehen. Vor allem solltest du auch den Druck dir selbst gegenüber rausnehmen, immer allen gerecht zu werden. Du gibst täglich dein bestes und dafür darfst du dich anerkennen!
Falls du dich intensiver mit diesem Thema auseinandersetzen willst, ist vielleicht mein Geschwisterstreit-unter-Kindern-online-Kurs ideal für dich!
Wenn du wissen willst, wie du Geschwisterstreit vorbeugen kannst, lies auf jeden Fall diesen Artikel. Denn wenn du es schaffst, deine Kinder dabei zu unterstützen, dass sie eine gute Beziehung zueinander haben, wird es bald viel weniger Streit bei euch geben!
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Alles Liebe,
Claudia – Mrs MamaFlow